Der Jugendchor Österreich gastierte heuer erstmals in der Steiermark. Nach einer aufregenden und sommerlich heißen Probenwoche in Hatzendorf und einem klangvollen Abschlusskonzert in Feldbach, reiste der Projektchor weiter nach Ljubljana. Auf dem europäischen Chorfestival Europa Cantat konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer andere Jugendchöre kennenlernen und internationale Chorluft schnuppern.
Jedes Jahr entsenden die acht österreichischen Landesjugendchöre und der Landesjugendchor Südtirol jeweils vier Sängerinnen und Sänger im Alter zwischen 17 und 26 Jahren in den Jugendchor Österreich, die gemeinsam auf höchstem Niveau ein Konzertprogramm erarbeiten. Vom Landesjugendchor Vorarlberg durften heuer Simon Latzer, Christoph Hartmann, Raphaela Lanser und Astrid Khaliq an diesem besonderen Projekt teilnehmen und wertvolle Chorerfahrungen sammeln.
Weil der Jugendchor Österreich im letzten Jahr coronabedingt abgesagt werden musste, war die Freude umso größer, als am 10. Juli 2021 rund 40 Sängerinnen und Sänger aus ganz Österreich und Südtirol in der Landwirtschaftsschule Hatzendorf eintrafen. Sämtliche Sicherheitsmaßnahmen wurden streng eingehalten und alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle zwei Tage getestet. Als geschlossene Gruppe war es so möglich, auch ohne Mund-Nasenschutz zu proben.
Unter dem Titel „Songs for Future“ wurde innerhalb von nur fünf Tagen ein Konzertprogramm erarbeitet, das die Generation der jungen Sängerinnen und Sänger besonders stark betrifft. In Analogie zur Jugendbewegung „Fridays for Future“, wurden Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms, Manfred Länger u. a. erarbeitet, die sich im Spannungsfeld von Mensch und Umwelt bewegen. Das Programm erzählt von der Natur, von Wind, Wetter und den Menschen, die dem Klimawandel zwar ausgesetzt sind, ihn aber selbst verursacht haben und beeinflussen können.
Federführend für dieses Programm zeichnen sich die künstlerischen Leiter des diesjährigen Jugendchors, Oliver Stech und Florian Maierl. Oliver Stech ist als Kapellmeister der Wiener Sängerknaben bekannt und leitet seit 2015 den Landesjugendchor Niederösterreich. Florian Maierl lehrt als Professor für Chorleitung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien und im Mozarteum Salzburg, ist Gründer und Chorleiter des „coro siamo“ und hat gemeinsam mit Oliver Stech bereits beim World National Youth Choir mitgewirkt. Den besonderen „Spirit“ und die eigenen Erlebnisse aus dem Weltjugendchor, trugen die beiden erfolgreich in den Jugendchor Österreich. Mit Witz, Leichtigkeit, Verständnis, aber auch der notwendigen Strenge riefen sie morgens um neun Uhr zur Probe, die mit mehreren kulinarischen Unterbrechungen bis 22 Uhr andauerte. Neben den Gesamtproben erhielt jede Sängerin und jeder Sänger auch zwei Mal die Möglichkeit zur Stimmbildung, in der auf persönliche gesangstechnische Herausforderungen fokussiert wurde. Die Gesangspädagogen Christine dell’Antonio und Paul Müller unterstützten darüber hinaus auch moralisch und hielten Stimmproben ab.
Nach so vielen Monaten der Isolation, war es etwas ganz Besonderes, gemeinsam zu singen und neue, musikbegeisterte Menschen kennenzulernen. Deshalb wurde auch nach den Proben noch weiter musiziert, zusammengesessen und gefeiert. Ein Highlight der Woche war der Bunte Abend, für den kreative Beiträge gesammelt wurden und sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu unterschiedlichen Musik- und Theatergruppen zusammenschlossen. Es wurde gesungen, geschauspielert und sehr viel gelacht.
Die Probewoche nahm ihren Abschluss mit dem Konzert „Songs for Future“ im Zentrum Feldbach am 16. Juli. Im Konzert wurde unser aller Zukunft beleuchtet, in der Tier und Erde unter der Habsucht der Menschen leiden. Auf die Chorliteratur abgestimmte Texte der Poetry-Slammerin Katharina Wenty unterbrachen die klangvollen Mahnungen der jungen Sängerinnen und Sänger, die in Wort und Musik die Frage verhandelten: Sind wir im Einklang – mit der Natur, mit uns?
Direkt nach dem Konzert in Feldbach ging es spätabends mit dem Auto nach Ljubljana zum Chorfestival Europa Cantat. Gemeinsam mit einem Chor aus Katalonien und zwei slowenischen Spitzenchören war der Jugendchor Österreich in einem großen Internat am Stadtrand untergebracht. Die nächsten vier Tage hieß es dann proben, proben und nochmal proben für das Gemeinschaftskonzert aller vier Chöre im Cankarjev dom, dem großen Konzert- und Opernhaus in Ljubljana.
Vielen war die letzte Woche intensiven Probens mit dem Jugendchor nun anzumerken, der Schlafmangel durch das allabendliche Beisammensein trug womöglich auch einen Teil dazu bei. Nichtsdestotrotz war die Klangwolke der über 100 Sängerinnen und Sänger auf der ersten Probe überwältigend. Unter der Leitung von Maris Sirmais, dem Chefdirigenten des Staatschores Lettland, wurde innerhalb von wenigen Tagen ein besonderes Programm einstudiert. Daneben präsentierte der Jugendchor Österreich unter der Leitung von Florian Maierl einen Auszug des Konzertprogramms dem slowenischen Publikum auf zwei Konzerten.
Ein Konzert fand dabei zusammen mit dem EuroChoir vor der malerischen Kulisse alter Stadtmauern eines kleinen Bergdorfs statt, das inmitten des Sonnenuntergangs stand und ein Urlaubsgefühl aufkommen ließ. Mit dem Gemeinschaftskonzert aller Chöre im Konzerthaus Ljubljana ging der offizielle Teil des Festivals zu Ende, doch die musikalische Reise weiter. Am letzten Abend kam der Jugendchor Österreich in den Genuss, Musik auf höchstem Niveau zu erleben und das Konzert des über die Grenzen hinaus bekannten Pop-Chores Perpetuum Jazzile zu besuchen. Im Anschluss daran, wurde ein letztes Mal auf die einmaligen Choreindrücke, Gänsehautmomente und Erinnerungen der letzten Tage angestoßen, die am nächsten Tag wie ein Geschenk in unser aller Gepäck in die einzelnen Bundesländer mit nachhause getragen wurden.
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